Staudammflut bedroht Flüsse auf dem Balkan

Gemeinsame Presseinformation von Riverwatch und EuroNatur

 

Über 570 Staudammprojekte geplant – Internationale Kampagne gestartet

 

Wien, Radolfzell, 20. März, 2014.  Anlässlich des Weltwassertags am 22. März, der in diesem Jahr unter dem Motto „Wasser und Energie“ steht machen EuroNatur und Riverwatch auf die drohende Zerstörung der Flüsse auf der Balkanhalbinsel aufmerksam. Unter dem Deckmantel grüner Energiegewinnung sind mehr als 570 Wasserkraftwerke (> 1 MW) zwischen Slowenien und Albanien geplant. Auf dem Spiel steht einer der bedeutendsten Naturschätze Europas. Dem Blauen Herz Europas droht der Infarkt. Um das zu verhindern, haben EuroNatur und Riverwatch die Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ gestartet, die heute in Belgrad vorgestellt wird.
 
Tara in Montenegro © Riverwatch„Diese Staudammflut müssen wir stoppen. Viele dieser Projekte widersprechen den EU-Gesetzen. Umso skandalöser ist es, dass hinter den meisten internationale Investoren stehen. Wasserkraft ist nicht grün, sie zerstört wertvolle Naturlandschaften“, sagt Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch, einer internationalen Organisation zum Schutz der Flüsse „Die Wasserkraftwerke werden ohne Rücksicht auf Natur und Menschen geplant, selbst in Nationalparks. Das ist inakzeptabel und beeinträchtigt nicht zuletzt das Potenzial der betroffenen Länder für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Planungen zum Ausbau der Wasserkraft müssen dringend Aspekte des Naturschutzes berücksichtigen. Ein Masterplan zum Schutz der ökologisch wertvollsten Flüsse ist hier dringend notwendig“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.

Nirgendwo sonst in Europa ist eine derart große Anzahl und Vielfalt von intakten Flüssen zu finden wie auf der Balkanhalbinsel: Vjosa in Albanien © Romy Durstkristallklare Bäche, Wildflüsse mit ausgedehnten Schotterflächen, intakte Auwälder, spektakuläre Wasserfälle und Karstflüsse mit ihren unterirdischen Fließwegen. Das blaue Herz Europas schlägt auf dem Balkan. Dies haben umfangreiche Untersuchungen gezeigt, die Riverwatch und EuroNatur in den letzten beiden Jahren durchgeführt haben.
 
Etwa 35.000 Flusskilometer wurden dabei auf den Natürlichkeitsgrad  der  Gewässerstruktur hin untersucht, existierende und geplante Wasserkraftwerke recherchiert sowie die Vielfalt von Mollusken- (Muscheln und Schnecken) und Fischarten erhoben. Die Ergebnisse sind beeindruckend und alarmierend zugleich:

  • 30 % der Flüsse sind in einem natürlichen, weitere 50 % in einem naturnahen strukturellen Zustand. In Albanien und Montenegro sind sogar über 60 % der Flüsse noch immer Die Lage des geplanten Staudamms Lukovo Pole im Mavrovo Nationalpark, Mazedonien © Romy Durstunberührt.  Zum Vergleich: Deutschland 10 %, Österreich 6 %.
  • 573 mittlere und größere Wasserkraftwerksprojekte sind in Vorbereitung. Selbst Nationalparke sind betroffen.
  • Die Balkanflüsse sind eines der reichsten Artenzentren des Kontinents: 69 Fischarten sind „endemisch“ und kommen nur hier vor.  Darüber hinaus leben hier 151 seltene Arten von Süßwassermollusken, was 40,5 % aller gefährdeten Molluskenarten Europas entspricht.
  • Das Überleben von 70 % - 75 % dieser gefährdeten Arten ist durch die projektierten Wasserkraftwerke bedroht. Darunter auch der Huchen, die größte Forellenart der Welt, dessen globaler Verbreitungsschwerpunkt die Donauzuflüsse auf dem Balkan sein dürften.

 

Um der Zerstörung entgegen zu wirken, haben EuroNatur und Riverwatch gemeinsam mit Partnern aus den Balkanländern sowie mit Unterstützung der MAVA Stiftung und der Manfred-Hermsen-Stiftung die internationale Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ gestartet. Die Ziele der Kampagne sind:

  • Die Balkanflüsse und deren Bedrohung in der Öffentlichkeit bekannt machen
  • Kraftwerksprojekte in drei Schwerpunktgebieten stoppen: Vjosa (Albanien), Mavrovo Nationalpark (Mazedonien) und Save (Slowenien bis Serbien)
  • Einen Masterplan für Flüsse initiieren, einen Raumordnungsplan, in dem „no go areas“ für Wasserkraftwerke festgelegt werden.
  • Das Wissen über die Flüsse und ihre Artenvielfalt vermehren.

Finden Sie Fotos hier: Galerie "Pressekonferenz in Belgrad"

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